Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – SG #225

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – SG #225

In Deutschland gibt es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es ist ein tolles System, wie ich finde – aber es wird momentan oft kritisiert. Daher erzähle ich dir heute davon.

Ich nehme dich erstmal wieder mit in die Vergangenheit. Wie so oft in der deutschen Geschichte geht es um den Zweiten Weltkrieg und um die Nazis. Der Krieg ist endlich vorbei und Deutschland ist in vier Teile aufgeteilt. Die Gewinner des Krieges werden die sogenannten „Besatzer“. Die Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und die USA sind jetzt in Deutschland. Es gibt viel zu tun, die alten Nazis müssen natürlich bestraft werden, aber es gibt noch eine Sache, die wichtig ist: Die Demokratisierung Deutschlands. Und dazu gehören auch die Medien. Während des Krieges hatten die Nationalsozialisten komplett alle Medien übernommen. Es gab nur noch Propaganda und keinen freien Journalismus mehr, denn dieser hätte ja das System kritisiert. Eine freie Presse ist aber wichtig für die Demokratie. Also musste so ein freies System aufgebaut werden.

Als Vorbild nahm man sich die britische BBC. Der britische Journalist Hugh Greene wurde der Leiter des neuen Radiosenders „Nordwestdeuscher Rundfunk“, der im September 1945 in Hamburg auf Sendung ging. Langsam wurden weitere Rundfunkanstalten aufgebaut, der Bayerische Rundfunk in Bayern, kurz BR genannt, der Hessische Rundfunk in Hessen, kurz HR genannt und noch einige weitere. 1950 schlossen sich sechs solche Rundfunkanstalten zur ARD zusammen, die es heute noch gibt. Und ab 1963 gab es dann noch das ZDF, das zweite deutsche Fernsehen.

Jetzt erstmal die Frage: Warum so viele Radiosender? Das ist ganz einfach zu beantworten: Damit es nicht wieder eine Gleichschaltung gibt. Wenn es also nur einen Radiosender für ganz Deutschland gibt dann ist die Gefahr groß, dass die Politik diesen wieder beeinflussen kann. So aber sind viele Sender unabhängig voneinander – und bleiben dadurch leichter unabhängig. Ihre Aufgabe ist es, die Menschen in Deutschland zu informieren. Mittlerweile machen sie aber viel mehr als das, sie unterhalten uns nämlich vor allem auch.

Diese Unabhängigkeit wurde auch extra als Auftrag festgeschrieben. Er muss staatsfern und unabhängig sein. Unabhängig übrigens auch von Firmen. Und damit das klappt, dürfen sie während der Woche bis 20 Uhr nur 20 Minuten Werbung ausstrahlen. Danach gibt es gar keine Werbung, außer eventuell Sponsoring.

Heute gibt es in Deutschland neun Landesrundfunkanstalten. An der Spitze jeder Landesrundfunkanstalt steht ein Intendant oder eine Intendantin, das ist also der Chef oder die Chefin. Diese Landesrundfunkanstalten betreiben 74 Radiosender und 21 Fernsehsender, darunter auch einen Kanal nur für Kinder. Die größten und bekanntesten Fernsehsender sind das ZDF und „Das Erste“, in dem beispielsweise auch die „Tagesschau“ läuft und der „Tatort“, der beliebte Fernsehkrimi. Die „Tagesschau“ ist die beliebteste Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen, und sie hat eines der größten Korrespondentennetzwerke der Welt mit 100 Funk- und Fernsehkorrespondenten also Reportern in 26 Ländern. Auch die Serie „Der Tatortreiniger“ kommt aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, genauer gesagt vom NDR.

Die meisten der Radiosender senden nur in einem Bundesland, sie sind also regional. Dazu gibt es noch den Deutschlandfunk für ganz Deutschland und die Deutsche Welle für die ganze Welt. Neben Fernsehen und Radio gibt es natürlich noch viele Angebote im Internet.

46.000 Menschen arbeiten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich arbeite auch dort, allerdings bin ich nicht fest angestellt, sondern eine sogenannte „feste Freie“. Ich bekomme also Urlaubsgeld und soziale Leistungen, kann aber jederzeit aufhören, dort zu arbeiten.

Zurück zum System. Bis hierhin klingt das alles ganz gut, oder? Jetzt kommen wir zum Geld, und das ist der Haupt-Kritikpunkt. Zum einen verdienen die Rundfunkanstalten natürlich durch Werbung ihr Geld – wobei das wie vorhin schon gesagt recht wenig ist. Zum anderen muss jeder Haushalt in Deutschland Rundfunkgebühren bezahlen, das sind derzeit 17,50 Euro im Monat. 2021 soll er auf 18,36 Euro steigen. Einigen Menschen ist das zu viel, vor allem weil sie behaupten, dass sie die öffentlich-rechtlichen Angebote nicht nutzen. Oft ist ihnen aber gar nicht klar, was alles dazugehört, beispielsweise eben auch YouTube-Videos oder Facebook-Kanäle. Auf slowgerman.com empfehle ich Dir ein paar Sendungen. Klar ist: Die älteren Menschen in Deutschland nutzen das normale Fernsehen viel öfter als die jüngeren. Denn da spielt das Internet eine wichtigere Rolle.

Wichtig ist: Durch die Art der Finanzierung wird auch wieder der Staat herausgehalten – er kann die Sender nicht beeinflussen, weil er ihnen kein Geld gibt. Das Geld kommt von uns Bürgerinnen und Bürgern.

Und es ist viel Geld: 9,1 Milliarden Euro pro Jahr. Natürlich braucht man das nicht nur, um Programm zu machen. Große Posten sind beispielsweise die Altersversorgung der Mitarbeiter und die Angestellten der Verwaltung. Dann gibt es noch viel Geld für die Technik auszugeben, denn so einen Sender zu haben ist nicht billig. Und es wird Geld ausgegeben für Sport-Lizenzen, um beispielsweise wichtige Fußballspiele zu übertragen. Es muss gespart werden, das merke ich auch bei meiner Arbeit. Es sollte mehr Geld ausgegeben werden für Information, weniger für Unterhaltung. Das ist meine persönliche Meinung. Aber das System an sich ist richtig und wichtig. Wir brauchen ein unabhängiges journalistisches Medium in Deutschland.

Vor allem rechtspopulistische Politiker:innen sind gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und das ist aus meiner Sicht auch verständlich. Denn die Journalist:innen kritisieren sie natürlich öffentlich. Es wäre viel einfacher, die Menschen zu beeinflussen, wenn es da keine Gegenstimmen aus dem Radio gäbe.

Zum Schluss noch ein wichtiger Punkt, der Rundfunkrat. Das ist ein Gremium, das die Arbeit der öffentlich-rechtlichen Sender überwachen muss. Im Rundfunkrat sitzen ganz unterschiedliche Menschen, zum Beispiel Vertreter:innen von politischen Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und Frauenverbänden. Das soll ein Querschnitt der Bevölkerung sein. Höchstens ein Drittel darf etwas mit dem Staat zu tun haben, das hat das Bundesverfassungsgericht 2014 beschlossen.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg225kurz.pdf

Gut erklärt wird das System in diesem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=_hcvUfc2Lww

Das hier ist mein Lieblingskanal der öffentlich-rechtlichen Sender bei YouTube:
https://www.youtube.com/channel/UCyHDQ5C6z1NDmJ4g6SerW8g

Mehr Mai gibt’s hier:
https://www.youtube.com/c/Quarks

Beste Kindersendung (auch für Erwachsene):
https://www.wdrmaus.de/

Nachrichten in der Tagesschau:
https://www.tagesschau.de/

Der John Oliver aus Deutschland: Jan Böhmermann:
https://www.zdf.de/comedy/zdf-magazin-royale

Die ARD Mediathek:
https://www.ardmediathek.de/ard/

Babylon Berlin:
https://www.ardmediathek.de/ard/sendung/babylon-berlin-oder-staffel-1-3/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2JhYnlsb24tYmVybGlu/

Und hier wird das System nochmal erklärt:

Quellen:
https://sites.google.com/view/quellenoer/startseite

SG #067: Radiosender

Pál aus Rumänien und Miranda aus England interessieren sich für die Radiosender in Deutschland. Radio ist für Euch alle wichtig: Wenn Ihr Deutsch lernt, ist es eine gute Möglichkeit, Euer Hörverständnis zu verbessern. In Deutschland gibt es viele verschiedene Radiosender. Ich werde versuchen, Euch das System zu erklären.

Zunächst einmal gibt es die so genannten öffentlich-rechtlichen Radiosender. Das bedeutet, dass sie durch Gebühren finanziert werden. Jeder Deutsche, der ein Radiogerät hat, zahlt dafür Gebühren. Auch, wenn er zum Beispiel ein Autoradio besitzt. Von diesem Geld werden die öffentlich-rechtlichen Radiosender finanziert. Diese Sender haben einen so genannten Bildungsauftrag. Sie sollen die Hörer also nicht nur unterhalten, sondern auch informieren.

Die öffentlich-rechtlichen Sender strahlen ihr Programm landesweit aus. Fast jedes Bundesland hat seine eigenen Sender. Hier in Bayern gibt es zum Beispiel den Bayerischen Rundfunk. Er ist unterteilt in fünf verschiedene Radiosender. Jeder Sender hat andere Inhalte. Bayern1 spielt zum Beispiel eher Musik aus den 60er-Jahren. Bayern2 sendet viele gesprochene Inhalte und auch Hörspiele. Bayern3 ist die Massenwelle, die meisten Menschen hören diesen Sender. Dort wird ein typisches Programm gemacht, aktuelle Musik aus der Hitparade, also aus den Top Ten, aus den Charts, viele Witze und lustige Moderatoren. Ich mag diese Art von Radio nicht so gerne. Bayern4 sendet den ganzen Tag klassische Musik, also Mozart und Beethoven und so weiter. Und Bayern5 ist ein reiner Info-Sender, hier laufen die ganze Zeit Nachrichten und Magazine mit journalistischem Inhalt.

Ähnlich ist es in anderen Bundesländern. Es gibt den SWR in Baden-Württemberg, den WDR in Nordrhein-Westfalen, den RBB in Berlin-Brandenburg und so weiter. Übrigens: All diese Sender haben auch Podcasts! Googelt einfach mal danach oder schaut bei iTunes. Ich empfehle Euch an dieser Stelle zum Beispiel den Interview-Podcast SWR1 Leute.

Neben den öffentlich-rechtlichen Radiosendern gibt es auch private Sender. Diese Sender finanzieren sich nicht über Gebühren, sondern über Werbung. Privatradios existieren in Deutschland seit fast 30 Jahren. Diese Sender sind in der Regel mehr auf Unterhaltung spezialisiert, hier gibt es oft Gewinnspiele zu hören und viel Musik, weniger gesprochene Texte.

Noch ein paar Begriffe, die Ihr im Zusammenhang mit dem Rundfunk kennen solltet. Die Menschen, die im Radio sprechen, nennt man Moderatoren. Wichtige Elemente einer Radiosendung sind meistens die Nachrichten zur vollen oder halben Stunde, die Wettervorhersage und Verkehrsmeldungen – also wo gerade Staus sind oder Unfälle passiert sind. Um einen bestimmten Radiosender zu finden, sollte man seine Frequenz kennen, dann ist die Suche einfacher. Denn jeder Sender sendet sein Programm auf einer bestimmten Frequenz, und zwar zum Beispiel auf 97,3 UKW, das steht für Ultrakurzwelle, im Amerikanischen ist das FM.

Mittlerweile empfängt man die meisten Radiosender auch im Internet oder kann Podcasts von einzelnen Sendungen herunterladen. Wenn Ihr einen guten Radiopodcast findet, der auch für Deutschlernende geeignet ist, dann schreibt doch bitte in die Kommentarfunktion auf slowgerman.com, dann freuen sich die anderen Hörer.

Das war’s schon wieder für heute, ich danke Euch für’s Zuhören! Demnächst wird es einige Neuerungen auf slowgerman.com geben, also haltet die Augen offen. Wenn Ihr Themenvorschläge für mich habt, schreibt an podcast@slowgerman.com und ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen von Euch, die mich unterstützt haben! Schöne Grüße aus Deutschland, Eure Annik.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg67kurz.pdf